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10.01.2011
Hohe Streitwerte von deutschen Gerichten uneinheitlich

Bei einer Abmahnung werden häufig zu hohe Streitwerte zugrunde gelegt. Diese sind Berechnungsgrundlage für Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren.

Dies ist aber nicht immer gerechtfertigt. Das gilt vor allem, wenn es nur um das illegale Herunterladen / Verbreiten eines einzelnen Musikalbums oder auch eines Filmes geht.

Hierzu hat das AG Aachen mit Urteil vom 16.07.2010 entschieden, dass ein Streitwert von 50.000 € für den Tausch eines aktuellen Musikalbums über ein Filesharing-Netzwerk völlig übertrieben ist. Vielmehr ist nur ein Streitwert von 3.000 € anzusetzen (Az. 155 C 177/10).

Der Beklagte hatte über eine sog. Tauschbörse anderen Nutzern ein aktuelles Musikalbummit mit 12 Musiktiteln zur Verfügung gestellt. Die Richter begründen das vor allem mit der geringen Anzahl der verbreiteten Titel.

Ähnlich entschieden jetzt die Richter des Landgerichtes Magdeburg. Sie stellten mit Urteil vom 08.09.2010 fest, dass für das Filesharing eines einzelnen Musikalbums lediglich ein Streitwert in Höhe von 5.000 Euro und nicht von 50.000 € anzusetzen ist (Az. 2 S 226/10) Aufgrund der geringen wirtschaftlichen Bedeutung für den Rechteinhaber ist lediglich von einer bagatellartigen Urheberechtsverletzung auszugehen. Das Herunterladen und Verbreiten eines einzelnen Musikalbums über eine Tauschbörse ist nach Ansicht dieses Gerichtes keine gewerbliche Nutzung.

Wie unterschiedlich die Ansicht mancher Gerichte ist, machen die folgenden Fälle deutlich:

In einem weiteren Fall wurde ein Polizist von vier Unternehmen der Musikindustrie abgemahnt, weil angeblich über seinen Anschluss illegal 3.794 geschützte Audiodateien durch seinen volljährigen Sohn von einer Tauschbörse heruntergeladen und verbreitet worden waren. Nachdem der Vater die geforderte Unterlassungserklärung abgegeben hatte, gaben sich die Kläger im Laufe des Verfahrens mit dem Ersatz der Rechtsanwaltskosten „zufrieden”. Unter Zugrundelegung eines Streitwertes in Höhe von 400.000 € gingen sie von Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 3.454,60 € aus.

Die Richter am Landgericht Köln entschieden hier ganz im Sinne der Musikindustrie. Sie stellten in ihrem Urteil vom 24.11.2010 zunächst einmal fest, dass die Kläger hier keinen lückenlosen Nachweis hinsichtlich der Rechteinhaberschaft für jeden heruntergeladenen Titel vorzulegen brauchen (Az. 28 O 202/10).

Darüber hinaus müsse der Anschlussinhaber im Wege der Störerhaftung für seinen volljährigen Sohn einstehen, weil er nicht nachgewiesen hat, dass er seinen Prüfungs- und Hinweispflichten nachgekommen ist. Bei dieser Frage sind unter anderem die Richter beim Landgericht Köln besonders streng. Sie verlangen einen solchen Nachweis auch, wenn es bislang noch zu keiner Urheberrechtsverletzung gekommen ist.

Aufgrund der Anzahl der Dateien legten sie einen  Streitwert von 100.000 € pro geschädigtem Unternehmen zugrunde, woraus sich ein Streitwert in Höhe von 400.000 € (!!!) ergibt. Folglich wurde der Vater als Anschlussinhaber zur Zahlung der geforderten Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 3.452,60 € zuzüglich Prozesszinsen verurteilt.

Dieses Urteil ist nicht rechtskräftig, weil der Prozessbevollmächtigte des Anschlussinhabers dagegen Berufung eingelegt hat.

Auch bei dem Herunterladen und Verbreiten von einem geschützten Film kann es zur Festlegung solch hoher Streitwerte mit einer kostspieligen Abmahnung oder Klage kommen.

Im zugrundeliegenden Fall hatte sich ein Anschlussinhaber über eine Online- Tauschbörse einen Film auf den PC gezogen und diesen weiter verbreitet. Dabei wurde vom Rechtsinhaber die IP-Adresse seines Anschlusses ermittelt. Dieser erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen ihn. Dabei wurde ein Streitwert in Höhe von 10.000,- € zugrundegelegt. 

Das Landgericht Hamburg (308 O 710/09) hat die Höhe der Schadenersatzforderung zweier klagender Musikverlage gegen einen zur Tatzeitzeit knapp 16-jährigen erheblich eingeschränkt. Der zum Tatzeitpunkt 16-jährige stellte Musikaufnahmen - unzweifelhaft unter Verstoß gegen das Urheberrecht - in eine so genannte Internettauschbörse ein und bediente sich hierzu des Internetanschlusses seines Vaters, ohne dass dieser hiervon wusste. Die Dateien konnten dann von anderen Usern abgerufen und heruntergeladen werden.

Die klagenden Musikverlage machten ihre Rechte als Tonträgerhersteller an den Musikaufnahmen geltend und verlangten jeweils 300,00 € Schadenersatz pro Aufnahme.

Das Landgericht Hamburg stellte die Urheberrechtsverletzung unzweifelhaft fest. Lediglich bei der Höhe des Schadensersatzes machte das Gericht einige Einschränkungen und stellte darauf ab, was vernünftigerweise als angemessene Lizenzgebühr für die Nutzung der Musikaufnahmen vereinbart worden wäre. Das Gericht hat berücksichtigt, dass die in Rede stehenden Titel bereits ältere Aufnahmen der unzweifelhaft bekannten Künstler seien, weshalb die Nachfrage mangels Aktualität begrenzt sei.

Desweiteren stellte das Gericht darauf ab, dass die Titel nur einen kurzen Zeitraum zum Herunterladen bereit gestanden hätten und es nach Schätzung des Gerichts allenfalls zu 100 Downloads pro Titel gekommen sein könne. Pro Titel schätzte das Gericht die angemessene Gebühr auf 15,00 Die Schadensersatzansprüche gegen den Vater des Beklagten als Anschlussinhaber wies das Gericht mit der Begründung zurück, er habe zwar gegen seine Überwachungspflichten verstoßen, hierdurch jedoch keine Schadensersatzpflicht begründet.


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